Antennenwelse der Gattung Ancistrus gelten als ideale Besatzfische für bepflanzte Gesellschaftsaquarien: Sie raspeln Algen und Biofilme von Wurzeln, Steinen und Scheiben und werden oft als „pflanzensicher“ beschrieben. Trotzdem berichten manche Aquarianer davon, dass ihre Ancistrus Löcher in Blätter fressen oder ganze Pflanzen „abschälen“. Wie passt das zusammen?
In diesem Artikel geht es darum, wie Ancistrus normalerweise fressen, warum einzelne Tiere oder Situationen dennoch zu sichtbaren Pflanzenschäden führen können und was man tun kann, um Antennenwelse und Aquarienpflanzen dauerhaft in Einklang zu bringen.
Wie fressen Ancistrus in der Natur?
Ancistrus gehören zu den Harnischwelsen, deren Maul zu einer Saug- und Schabvorrichtung umgewandelt ist. In ihren natürlichen Lebensräumen raspeln sie Aufwuchs von Steinen, Wurzeln und anderen Oberflächen: Algen, Biofilme, feine pflanzliche Partikel und Detritus bilden den Hauptbestandteil der Nahrung. Kleine Wirbellose werden dabei mit aufgenommen, spielen aber meist eine untergeordnete Rolle.
Im Aquarium zeigt sich dieses Verhalten durch das typische „Abraspeln“ von Oberflächen. Ancistrus bewegen sich über Wurzeln, Steine und Scheiben, lassen ihr Maul kreisend arbeiten und entfernen dabei Beläge. Das ist ein wichtiger Unterschied zum gezielten Fressen gesunder Pflanzenblätter: Im Normalfall nutzen sie diese eher als Fläche, auf der Aufwuchs wächst, und nicht als primäre Nahrungsquelle.
Warum gehen manche Antennenwelse an Pflanzen?
Trotzdem lässt sich nicht leugnen, dass einige Halter deutliche Fraßspuren an Echinodorus, Anubias oder anderen Pflanzen beobachten, wenn Ancistrus im Becken leben. Dafür kommen mehrere Ursachen infrage, die sich teilweise überlagern:
1. Nahrungsmangel und unausgewogene Fütterung
Der häufigste Grund ist eine zu knappe oder einseitige Fütterung. Wenn Antennenwelse in einem sehr sauberen, algenarmen Aquarium leben und kaum pflanzliches Zusatzfutter erhalten, bleibt ihnen oft nichts anderes übrig, als auf andere Nahrungsquellen auszuweichen. Zarte, großblättrige Pflanzen werden dann eher akzeptiert als „Notnahrung“.
Wer seine Ancistrus nur „für die Algen“ einsetzt und glaubt, zusätzliche Fütterung sei nicht notwendig, riskiert genau dieses Verhalten. Ein gut gefütterter Antennenwels mit regelmäßig angebotenen Gemüse-Scheiben (Gurke, Zucchini, Paprika, Kürbis), pflanzlichen Wafers und Aufwuchsflächen hat deutlich weniger Anlass, gesunde Pflanzenblätter anzurühren.
2. Zu wenig Aufwuchs und zu viele Welse
In frisch eingerichteten oder sehr sauber gehaltenen Aquarien gibt es naturgemäß wenig Aufwuchs. Wenn dann gleich mehrere Ancistrus eingesetzt werden, ist die Konkurrenz um die vorhandene natürliche Nahrung entsprechend groß. Die Tiere durchsuchen jede Oberfläche intensiver und probieren eher alternative Nahrungsquellen aus – inklusive Pflanzenblättern.
Je größer die Gruppe an Antennenwelsen im Verhältnis zur Beckengröße und zur Menge an Dekoration ist, desto eher kommt es zu sichtbarem „Abraspeln“ von Pflanzen. Hier hilft es, die Besatzdichte kritisch zu prüfen und notfalls die Zahl der Welse zu reduzieren oder gezielt Aufwuchsflächen und Wurzeln einzubringen.
3. Weiche Pflanzenarten mit empfindlicher Blattstruktur
Nicht alle Pflanzen reagieren gleich empfindlich auf raspelnde Maulbewegungen. Besonders bei großblättrigen, weichblättrigen Arten wie manchen Echinodorus– oder Nymphoides-Sorten sieht man deutlich, wenn ein Ancistrus mit seiner rauen Maulplatte darüber gefahren ist: die Epidermis wird abgerieben, Blätter wirken „durchscheinend“ oder bekommen Löcher.
Hartblättrige Pflanzen wie viele Cryptocorynen, einige Anubias-Arten oder robustere Stängelpflanzen tolerieren das Abraspeln von Aufwuchs deutlich besser, ohne dass Funktionen oder Optik stark leiden. Wer weiß, dass im Becken große Ancistrus leben, sollte die Pflanzenauswahl entsprechend anpassen und empfindliche Arten mit weichen Blättern eher vermeiden.
Lochfraß spezialisierter Aufwuchsfresser an Anubias
4. Individuelle Vorlieben einzelner Tiere
Wie bei vielen Fischarten gibt es auch bei Ancistrus Individuen, die bestimmte Verhaltensweisen stärker zeigen als andere. Manche Tiere entwickeln eine Vorliebe für das Abraspeln bestimmter Pflanzen, während Artgenossen im selben Becken diese völlig ignorieren. In solchen Fällen hilft oft nur, das betreffende Tier umzusetzen oder die betroffenen Pflanzen zu ersetzen.
Was kann man gegen Pflanzenschäden tun?
Wer verhindern möchte, dass Ancistrus an Pflanzen gehen, sollte an mehreren Stellschrauben gleichzeitig drehen:
- Ausreichend pflanzliche Nahrung anbieten: Mehrmals pro Woche Gemüse (z. B. Zucchini, Gurke, Paprika, Kürbis, Spinat), ergänzt durch hochwertige Grünfuttertabletten oder Spirulina-Wafers.
- Genug Aufwuchsflächen schaffen: Wurzeln, Steine und strukturierte Dekoration bieten Oberflächen für Algen- und Biofilmbewuchs, auf denen Ancistrus beschäftigt sind.
- Besatzdichte prüfen: Ein oder zwei Antennenwelse in einem mittelgroßen Becken sind meist unproblematisch, große Gruppen können in dicht bepflanzten Becken dagegen zu viel des Guten sein.
- Pflanzenauswahl anpassen: Robustere, härtere Pflanzen wählen, empfindliche Arten nur vorsichtig testen und bei Bedarf durch widerstandsfähigere Alternativen ersetzen.
- Fütterungszeit und -ort variieren: Futter möglichst in Bodennähe und in der Dämmerung anbieten, wenn Ancistrus aktiv werden – so wird das Futter tatsächlich von den Welsen genutzt und nicht komplett von anderen Fischen abgefangen.
Ancistrus und Pflanzen – eine Frage der Balance
Grundsätzlich sind Ancistrus hervorragend für bepflanzte Aquarien geeignet. Viele Becken laufen über Jahre problemlos mit Antennenwelsen, ohne dass nennenswerte Pflanzenschäden auftreten. Probleme entstehen meist dann, wenn Ernährung, Besatzdichte und Pflanzenauswahl nicht zueinander passen oder wenn einzelne Tiere besondere Vorlieben entwickeln.
Wer das natürliche Fressverhalten von Ancistrus versteht und die Bedürfnisse der Tiere ernst nimmt, kann das Risiko deutlich minimieren. Eine bewusste Fütterung, ausreichend Aufwuchs und die Wahl robuster Pflanzen sind die wichtigsten Bausteine.
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Wenn du tiefer in die Grundlagen einsteigen möchtest, schau dir unseren Beitrag zur Haltung von Antennenwelsen im Aquarium an. Eine Übersicht über beschriebene und unbeschriebene Formen findest du in der Ancistrus-Artenliste.
Alle Ancistrus-Arten im Überblick
Im Artikel konntest du lernen, wie sich Männchen und Weibchen unterscheiden. Wenn du noch tiefer in die Welt der Antennenwelse einsteigen möchtest, lohnt sich ein Blick in das Standardwerk „Antennenwelse: Die Harnischwelse der Gattung Ancistrus“.
Dort werden beschriebene Arten, L-Nummern und Varianten detailliert vorgestellt.




